Lieselotte von Faber (1920-2014)

Malen im Verborgenen
Oberammergau Museum

Die Entdeckung eines faszinierenden malerischen Lebenswerks – das ermöglicht die Ausstellung „Lieselotte von Faber“ im Oberammergau Museum. Zu Lebzeiten der Malerin hat keine Ausstellung mit ihren Werken stattgefunden. Umso erstaunlicher ist, dass das Museum in dieser Retrospektive ein eigenständiges malerisches Lebenswerk zeigen kann. Es ist vorwiegend in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert entstanden – völlig im Verborgenen. Der künstlerische Weg der Malerin war, dem Schicksal vieler Frauen (und Männer) ihrer Generation vergleichbar, zunächst von massiven Widrigkeiten, die den unglücklichen Umständen der Zeitgeschichte geschuldet sind, begleitet.

Lieselotte von Faber, geborene Müller (1920 - 2014), verbrachte ihre Kindheit und Jugend in einer großbürgerlichen Familie in Nürnberg. Dort besuchte die künstlerisch begabte Neunzehnjährige kurze Zeit die Kunstgewerbeschule. 1941 führte die uneheliche Geburt der Tochter Karin zum traumatischen Zerwürfnis mit den Eltern. 1942 folgte der Umzug nach München in eine Frauenwohngemeinschaft in der Feilitzschstrasse in Schwabing. Dort begann sie an den nationalsozialistisch gleichgeschalteten Akademien ein Kunststudium. Zunächst an der Akademie für angewandte Kunst und danach an der Akademie der Bildenden Künste u.a. bei den Professoren Josef Oberberger und Julius Hess. Lis Müller, wie sie sich jetzt nannte, etablierte sich in den Münchner Künstlerkreisen und war z.B. für die Dekoration der Faschingsveranstaltungen im Künstlerhaus München verantwortlich. Nach dem Krieg studierte sie bei Prof. Eugen Julius Schmid in der Klasse für angewandte Grafik und Schriftkunst. Seit 1945 war sie zudem freiberuflich tätig: Sie entwarf erste Dekore für die Porzellanmanufaktur Nymphenburg, ab Mitte der 1950er Jahre war sie für die erfolgreiche Porzellanserie ‚Lis Müller’ bei der Firma Rosenthal verantwortlich. Die Hochzeit 1960 mit Helm v. Faber, Sprachwissenschaftler am Goetheinstitut, den sie in den späten 1940er Jahren kennengelernt hatte, ermöglichte den Rückzug aus München nach Stockdorf und Anfang der 1970er Jahre schließlich nach Oberammergau. Ihr künstlerisches Lebenswerk entstand seitdem weitgehend in selbstgewählter strikter Isolation und Zurückgezogenheit von anderen Menschen. 

In Lieselotte von Fabers Werk wirken grundsätzlich die künstlerischen Einflüsse der Wegbereiter der klassischen Moderne fort. Anders als die meisten Maler ihrer Generation ging sie aber nicht den Weg in die völlige Abstraktion weiter, sondern verließ nie die Gegenständlichkeit. Damit blieb sie fremd unter ihren künstlerischen Zeitgenossen. Deutlich sichtbar sind die Zitate aus dem Werk August Mackes, zu dem sie eine `Wesensverwandtschaft´ empfand, ebenso fallen aber auch surrealistische Einflüsse auf. Ihre Bilder sind von Menschen bevölkert, dicht gedrängt stehen sie zugleich isoliert nebeneinander. Die Körperlichkeit der weiblichen Figuren, die oft nahezu transzendent und kristallin dargestellt werden, kontrastiert zu ihren wuchtigen, anonym bleibenden Männergestalten. Die Formate ihrer Gemälde sind klein, die epische Fülle ist gleichsam zur Erinnerung verdichtet. Mehr und mehr übernehmen die Farben die Regie, Lieselotte von Faber lässt eine gedrängte und bedrängte Welt leuchten. Im völligen Gegensatz dazu stehen ihre späten Landschaftsbilder, hier kommen die Menschen nicht mehr vor. Ihr Werk spiegelt in weiten Teilen die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gültigen geschlechtsspezifischen Hierarchien ebenso wie die Entdeckung und Autonomie der eigenen Körperlichkeit wieder. Offensichtlich blieben diese Mechanismen in Lieselotte von Fabers Augen auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkmächtig. Ihren Blick auf die Gesellschaft und die Welt hat sie uns auf hohem künstlerischem Niveau in ihren bisher verborgenen Bildern hinterlassen. Sie warten auf Entdeckung.

Führung durch die Ausstellung
Am Freitag, 27. Januar 2017, findet um 16:30 eine Führung durch die Sonderausstellung "Malen im Verborgenen" durch die Museumsleitung, Dr. Constanze Werner statt, Kosten: 5,- €. Für Mitglieder des Museumsfördervereins kostenlos. Dauer ca. 45 Min.

 

Museumspädagogisches Programm mit Michaela Johanne Gräper:
Sa 7. Januar, 14.00-16.00 Uhr. Kurze Führung durch die Ausstellung – wir lassen uns inspirieren und malen dann selbst. Telefonische Anmeldung 08822/94136. Begrenzte Teilnehmerzahl.

Das Museum Aschenbrenner, Loisachstraße 44, 82467 Garmisch-Partenkirchen www.museum-aschenbrenner.de zeigt zeitgleich das Lebenswerk einer anderen spannendende Künstlerin, der Kinderbuchillustratorin und Designerin: Else Wenz-Viëtor (1882-1973). Feine Striche – Große Entwürfe. (02.12.16 – 23.04.17).

Zeitungsberichte zur Ausstellung
SZ Extra, Land und Stadt, 1. - 7.12.2016
Garmischer Tagblatt, 1.12.2016